Die Welt und die Aufgaben des Garagisten werden immer komplexer
Der Autovisionär Frank M. Rinderknecht, Gründer von Rinspeed, überrascht seit über 40 Jahren mit immer neuen Mobilitätsideen. Aktuell zeigt er in Las Vegas mit dem autonomen MetroSnap seinen neusten Wurf. Der findige Zürcher, der einst selbst als Garagist tätig war, wird Ende Februar auch einer der Referenten an den Hostettler Autotechnik Days sein. Alle Informationen sowie die Anmeldung finden Sie auf www.autotechnikdays.ch
Ende Februar führt die Hostettler Autotechnik AG erstmals die Autotechnik Days durch, bei denen Garagisten, Lieferanten, Experten und Industrie sich austauschen und ihr Wissen transferieren können. Referate und Podiumsgespräche unter anderem mit Rennfahrer Marcel Fässler, Berufsweltmeister Flavio Helfenstein oder Schweizer Autovisionär Frank M. Rinderknecht liefern spannende Hintergrundinformationen. Frank M. Rinderknecht zeigt in Las Vegas an der internationalen Consumer Electronics Show (CES) gerade sein neustes Mobilitätskonzept als Weltpremiere. Beim MetroSnap sind Fahrwerk und Aufbauten getrennt und können daher eigene Wege gehen. Dank des modularen Systems kann das Rinspeed-Konzept die sich immer weiter öffnende Schere der Lebenszyklen von Soft- und Hardware durchbrechen. Die AGVS Medien sprachen mit dem Schweizer Autovisionär.
Rinderknecht, mit dem MetroSnap zeigen Sie an der CES in Las Vegas die dritte Variante eines Fahrzeuges, bei dem Fahrwerk und Aufbauten unterschiedliche Wege gehen. Was sind die wichtigsten Neurungen daran? rank M. Rinderknecht: it dem Snap 2018 haben wir der modularen Fahrzeug-Idee viel Auftrieb gegeben, wie ähnliche Ideen von Scania, Kia oder Mercedes zeigten. Das Kernproblem liegt jedoch im einfachen, schnellen und kostengünstigen Wechsel der Module. Da waren wir bei Rinspeed anfangs ebenfalls auf dem falschen Weg. Das haben wir beim MetroSnap geändert und uns dabei von den weltweit und unter allen Wetterbedingungen erprobten ULD-Container-Wechselsystemen für Flugzeuggepäck und Frachtgut an den Flughäfen inspirieren lassen.
Wieso haben Sie in den letzten Jahren auf modulare Fahrzeuge-Konzepte gesetzt? urch die flexible Nutzung verschiedener Aufbauten lässt sich die Anzahl der teuren und systembedingt kurzlebigen automatisierten Fahrzeuge reduzieren. Gleichzeitig lassen sich auch unterschiedliche Transportanforderungen für Mensch und Waren bedienen. Bei der automatisierten Zustellung ist nicht die letzte Meile, sondern der letzte Meter das Problem. Eine Heerschar von Drohnen, die uns Pakete liefert, wollen wir genauso wenig wie die Karawanen der Zustelldienste, die täglich in die Städte fahren. Oder «Robo-Dogs», die am Schluss an verschlossenen Türen oder einem fehlenden Lift für die Zustellung in einen oberen Stock scheitern. Mit dem MetroSnap kommt der Service trotzdem zum Kunden. Das flexible Aufbaumodul wird dorthin transportiert und abgestellt, wo und wann es der Kunde wünscht – zuhause oder im Büro –, die letzten 50 Meter geht man selbst. Und weil die Industrie insgesamt bezüglich autonomem Fahren realistisch geworden ist und eher von zehn als fünf Jahren bis zur Realisierung ausgeht, kann ich mir den MetroSnap auch mit Fahrer vorstellen.
Ihr Konzept hat einen Elektroantrieb. Wieso und wäre auch ein anderer Antrieb, beispielsweise Wasserstoff, denkbar? Ja. Es ist unbestritten, dass wir in der Mobilität den Abzweiger hin zur Nachhaltigkeit jetzt schaffen müssen. Daher ist es müssig zu diskutierten, wie viel graue Energie in einem Stromer steckt. Auch beim Wasserstoff handelt es sich ja um einen E-Antrieb, nur wird der Strom an Bord produziert. Entscheidend ist bei jedem Antrieb, dass die Energieherstellung nachhaltig erfolgt. Da ist in der Schweiz ein Umdenken gefragt, wir wollen keinen Atomstrom mehr, keine Windräder, keine Stauseen, aber doch Öko-Strom…
Welchen Herausforderungen muss sich die Autoindustrie in den nächsten Jahren stellen? Die Hersteller sind in einer sehr schlechten Position. Ihr Geschäftsmodell der letzten 120 Jahre beginnt wegzubrechen. Gleichzeitig müssen sie Geld für Entwicklungen in innovative Antriebe und autonomes Fahren ausgeben, das sie gar nicht mehr verdienen. Auch die bisherige Segmentierung von Hersteller, Händler und Garagist sowie Besitzer wird sich komplett ändern. Ich kann mir gut vorstellen, dass es künftig Mobilitätskonzepte und -service ohne konkrete heutige Markenzuordnung zugibt und dazu eine Betreibergesellschaft wie beispielsweise Uber bei den Fahrdiensten. Dort sitze ich heute schon in einem Mercedes und beim nächsten Mal in einem Tesla, um von A nach B zu kommen. Auch wenn Hersteller nun Mobilitätsservices aufbauen, bin ich nicht sicher, ob der Kunde bereit ist, extra länger auf ein Fahrzeug seiner Marke zu warten. Derjenige mit dem dichtesten Angebot wird sich hier durchsetzen. Daher könnten auch andere Anbieter wie Amazon oder Zalando mit ihrer Erfahrung aus dem Service- und Zustellbereich im Mobilitätsbereich Fuss fassen.
Sie treten bei den Hostettler Autotechnik Days auf. Was sind Ihre wichtigsten Botschaften? In der Schweiz tut man sich mit Veränderungen schwer, hält lieber an Bewährtem fest. Ich möchte aufzeigen, dass man die Zukunft umarmen statt abweisen soll: proaktiv, nicht reaktiv handeln! Man sollte als Garagist nicht über E-Autos fluchen, die das jetzige Geschäft in Frage stellen – sie werden ohne Zweifel Fuss fassen –, sondern nach Nischen und neuen Geschäftsfeldern mit E-Autos suchen. Zudem wird natürlich auch die virtuelle Vorpremiere des MetroSnap, der kurz danach an der GIMS seine Schweizer Premiere feiert, ein Thema sein.
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