Der Turbolader ist nicht immer schuld
Turbolader gelten als robuste Bauteile. Sie benötigen ausser regelmässig
frischem Motoröl kaum Wartung. Kommt es dennoch zum Ausfall, steckt die Ursache fast nie beim Lader selbst. Wer die wahren Fehlerquellen
kennt und vorbeugt, spart hohe Reparaturkosten.
Ausser regelmässig frischem Motoröl benötigen Turbolader grundsätzlich keine spezielle Wartung. Fällt ein Turbolader einmal aus, liegt die Fehlerursache oftmals im Umfeld des Aggregates. So sind ein grosser Teil der defekten Turbolader nicht die Ursache, sondern nur die Folge von anderen Problemen und Schäden. Wird die eigentliche Schadensursache beim anschliessenden Austausch des Laders nicht gefunden und behoben, fällt auch der neue Turbolader mit hoher Wahrscheinlichkeit wieder aus dem selben Grund aus.
Zuerst den Fehlerspeicher auslesen
Der Fehlerspeicher muss grundsätzlich vor jedem Tausch eines Turboladers ausgelesen werden. So können Hinweise auf mögliche Schadensursachen gefunden werden. Der Turbolader verfügt zwar selbst über keine Sensoren oder Geber, jedoch lassen sich über den Ladedrucksensor sowie die Steuerung des Wastegate-Ventils meist schon Rückschlüsse auf die Schadensursache ziehen. Schenken sie Ihre Aufmerksamkeit dabei auch vermeintlich kleinen Fehlern, welche im ersten Moment nicht direkt mit dem Turboladerschaden in Verbindung gebracht werden. Eine zu hohe Kühlwassertemperatur kann beispielsweise durchaus für den Turbolader gefährlich werden. Denn heute verfügen viele Fahrzeuge über Öl-Wasser-Wärmetauscher, die beide Kreisläufe verbinden. Auch erhöhte Abgastemperaturen oder Gegendrücke sind ein Indiz darauf, dass der Lader nicht mehr richtig funktioniert.
Die häufigste Ausfall-Ursache: Mangelschmierung
Mangelnde Schmierung zählt zu den häufigsten Ursachen für den Ausfall eines Turboladers. Ist die Ölversorgung des Turboladers auch nur für wenige Sekunden unzureichend, ist aufgrund der hohen Drehzahlen ein Ausfall des Turboladers innerhalb kürzester Zeit sehr wahrscheinlich. Innert Sekunden werden bei mangelnder Schmierung werden die Gleitlager. Auch angelaufene und gebrochene Wellenschäfte gehören neben festgefressenen Radial- und Axiallagern zu typischen Schäden durch fehlenden Schmierstoff im Lader. Aufgrund der hohen Drehzahlen von bis zu 300.000 Umdrehungen pro Minute, werden schon bei kleinsten Lagerschäden Verdichter- und Turbinenrad in Mitleidenschaft gezogen – sie schleifen am Gehäuse oder zerbrechen sogar vollständig.

Gründe für mangelnde Schmierung
Es gibt viele Gründe für einen Schmierungsmangel. Neben den offensichtlichen Problemen wie einem deutlich zu geringen Ölstand, können auch minderwertige Ölqualitäten, vernachlässigte Wechselintervalle oder die Auswirkung von Biodiesel auf das Motoröl zu folgeschweren Problemen im Ölhaushalt führen.
Zu wenig Motoröl
Es ist allgemein bekannt, dass zu wenig Motoröl schlecht für die Lebensdauer des Aggregates ist. Gerade auf Motoren mit Turbolader wirkt sich dieses Problem besonders stark aus, da der Turbolader das Öl nicht nur zu Schmierung, sondern auch zur Kühlung benötigt. Deshalb wirkt sich ein Ölstand unter Minimum schnell tödlich für den Lader aus. Das gesamte Motoröl wird dann heisser und kann die Kühlung des Laders nicht mehr sicherstellen. Es kann aber auch zum Abriss der Schmierung kommen oder es treten Öl-Verkokung auf.

Zu wenig Öldruck
Unzureichender Öldruck ist eine erhebliche Gefahr für den Turbolader. Wenn die Öl-Leuchte rot leuchtet oder blinkt, sollte der Motor sofort abgestellt werden, um teure Schäden zu vermeiden.
Zugesetzter Ölfilter
Wird der Ölfilter nicht gemäss dem vom Hersteller vorgegebenen Wartungsintervall gewechselt, kann der Ölfluss im Motor behindert werden. Die Filter oder deren Gehäuse verfügen zwar über Bypassventile, doch wenn der Gegendruck im Filter zu gross wird. Stört dies den Ölfluss und Fremdstoffe können ungehindert in den Turbolader eindringen. Deshalb sollte der Ölfilter grundsätzlich im Rahmen des regulären Wartungsintervalls gewechselt werden.
Nicht eingehaltener Öl-Wechselintervall und minderwertige Ölqualität
Gerade bei einem Motor mit Turbolader gilt es den Ölwechselintervall unbedingt einzuhalten. Das Motoröl degeneriert mit der Zeit, und verliert seine Eigenschaften an Viskosität, Temperaturbeständigkeit und Scherstabilität. Gerade bei Dieselmotoren setzt auch der Kraftstoffeintrag die Ölqualität herab. Deshalb gilt es den Ölwechselintervall unbedingt einzuhalten, da der Motor sonst mit minderwertigem Schmierstoff zurechtkommen muss, der den Anforderungen von modernen Ladern nicht mehr gerecht wird. Das selbe gilt für Motoröl, welches nicht die Spezifikationen des Herstellers an die Viskosität erfüllt. Eine zu hohe Viskosität des Öls kann dessen Transport zu den Lagerstellen verzögern, weshalb eine rechtzeitige Ölversorgung des Turboladers nicht mehr gewährleistet ist. Falls das Öl nicht für den Betrieb in turbogeladenen Motoren gemacht ist, besteht die Möglichkeit, dass es nicht ausreichend temperaturbeständig ist. Die Folge sind Ablagerungen und Verkokungen, die zum einen als Fremdkörper die empfindlichen Lager beschädigen können, und zum anderen die Ölzulaufleitungen oder Ölbohrungen im Lader verkoken oder verstopfen können. Die Folge davon ist ein Ölmangel im Lader, welcher zu Schäden an der Lagerung führt.
Bioanteil im Kraftstoff: Verkürzte Öl-Wechselintervalle für Kurzstrecken-Dieselfahrzeuge
In der EU ist ein Anteil von sieben Prozent (erkennbar am B7-Label an der Zapfsäule) vorgeschrieben. Beim Dieselmotor findet wie bei jedem Verbrennungsmotor ein geringer Eintrag von Kraftstoff in das Motoröl statt, gerade wenn der Motor häufig kalt und auf Kurzstrecken betrieben wird. Beim Benziner verdampfen diese Kraftstoffanteile im Motoröl bei der nächsten längeren Autobahnfahrt wieder. Beim Dieselmotor findet dies auf Grund des höheren Siedepunktes von Dieselkraftstoff allerdings nicht statt. Als Folge steigt der Anteil von Kraftstoff im Motorenöl immer weiter an. Dadurch wird nicht nur die Qualität und Viskosität herababgesetzt, sondern auch das sogenannte «versulzen» kann auftreten. Dabei sorgen die biogenen Anteile im Dieselkraftstoff dafür, dass das Motoröl in der Ölwanne polymerisiert, also verklumpt. Dass die Pumpfähigkeit von verklumptem Motorenöl deutlich schlechter ist, versteht sich von selbst. Daher ist es ratsam die Serviceintervalle von Dieselmotoren, die einen hohen Kurzstreckenanteil haben, sogar zu verkürzen.
Weitere Ausfallursachen
Ölaustritt am Turbolader
Einen Ölaustritt am Turbolader gibt es nur dann, wenn in seinem Umfeld abweichende Druckverhältnisse herrschen. Der Turbolader muss saubere Luft aus dem Luftfilter ansaugen. Ist dieser blockiert oder stark zugesetzt, entsteht ein Unterdruck an der Frischluftseite. Durch diesen Unterdruck saugt der Turbolader nicht nur Luft aus dem zugesetzten Filter, sondern auch Öl aus dem Lagergehäuse des Turboladers. So entsteht ein einseitiger Ölaustritt an der Verdichterseite.
Gerade bei älteren Fahrzeugen ist oft die Frischluftstrecke vom Turbolader bis zum Motor nicht mehr druckdicht. Auch dies führt dazu, dass die Druckverhältnisse nicht mehr stimmen, was zu Ölaustritt auf der Verdichterseite führen kann. Hier sollten alle Schläuche geprüft und deren Übergänge abgedrückt werden. Bei Bedarf müssen die Schellen nachgezogen und die Schläuche ausgetauscht werden.
Ist auf beiden Seiten ein Ölaustritt sichtbar, ist meist eine zugesetzte Rücklaufleitung die Ursache. Der Grund dafür kann ein zu hoher Ölstand, aber auch eine verschlossene Kurbelgehäuseentlüftung sein. Das Öl sucht sich dann Wege aus dem Lagergehäuse und tritt beidseitig aus dem Lader aus.
Weitere Anzeichen für einen Ölaustritt sind beispielsweise blauer Rauch aus der Abgasanlage, Motoröl im Ansaugtrakt und Ladeluftkühler, Leistungsverluste des Motors, unkontrollierte Überdrehzahlen und verkokte Leitschaufeln in einem VTG-Turbolader.

Ölzulaufleitung immer erneuern beim Lader-Wechsel
Wer zwar den Turbolader fachgerecht wechselt, aber die Ölzulaufleitung nicht erneuert, hat den Job trotzdem nicht komplett gemacht und riskiert, die Arbeit bald wiederholen zu müssen. Da Ölzulaufleitung nah am Turbolader und anderen heissen Teilen vorbeiführt, sind Verkokungen in der Leitung sehr wahrscheinlich, zumal eine solch verenge Leitung auch der tatsächliche Grund für den Turboladerausfall sein kann. Die alte Leitung wird dann oftmals mit Bremsenreiniger und Druckluft gesäubert, was jedoch Verkokungen nicht wirklich beseitigen kann. Mit dem Tausch der Zulaufleitung beseitigt man deshalb eine grosse Gefahrenquelle für spätere Garantie-Arbeiten.
Verunreinigtes Öl im Turbolader
Verunreinigtes Öl kann ebenfalls Beschädigungen am Turbolader verursachen. Kleinste Partikel wie Schmutz, Russ, Kraftstoff, Wasser, Verbrennungsrückstände oder Metallabrieb können das Öl verunreinigen. In der Folge führt das kontaminierte Schmieröl zu Riefenbildung an den Wellenzapfen und der Lagerung. Darüber hinaus können sich Ölbohrungen und Abdichtungen zusetzen, was hohe Ölverluste verursacht. Es ist daher wichtig, die Wartungsintervalle gemäss der Herstellerangaben einzuhalten. Viele Hersteller empfehlen beim Austausch des Turboladers grundsätzlich eine neue Ölzulaufleitung, einen Ladeluftkühler sowie einen neuen Luftfilter zu verbauen – und selbstverständlich anschliessend das Öl zu wechseln.

Eintritt von Fremdkörpern im Turbolader
Treten durch die Ansaugseite- oder Abgasseite Fremdkörper, wie Staub, Sand, Schrauben, Teile von Kolbenringen oder Ventilen und Ablagerungen ein, führt dies durch die hohen Drehzahlen meist zum Totalausfall des Turboladers. Denn die Fremdkörper, welche beispielsweise über einen defekten Luftfilter in den Turbolader gelangen, wirken bei den enormen Drehzahlen der Turbinen- und Verdichterräder wie Geschosse. Die Unwucht, welche sich aus solchen Einschlägen ergibt, kann die Lagerung des Turboladers beschädigen.
Aber auch Schäden am Ladeluftkühler können die Folge des Eintritts von Fremdkörpern sein. Um solche Schäden zu vermeiden, sollte auch die Dichtheit des Ansaugtraktes kontrolliert werden. Der regelmässige Wechsel des Luftfilters nach Herstellervorgabe und das Reinigen des Luftfiltergehäuses sowie der Ladestrecke durch Aussaugen gehören deshalb unbedingt zur Servicearbeit bei einem Fahrzeug mit Turbolader.
Zu hohe Abgastemperaturen
Zu hohe Abgastemperaturen gehören ebenfalls zu den Ausfallgründen eines Turbos. Jeder Turbolader ist nämlich nur für einen definierten Temperaturbereich ausgelegt. Wird dieser Bereich überschritten, droht schon nach wenigen Sekunden der Ausfall. Auswirkungen von zu hohen Abgastemperaturen wären unter anderem Risse im Gehäuse des Turboladers oder verkokte Ölleitungen. Die Gründe für zu hohe Abgastemperaturen können beim zu heiss abgestellten Motor, Verbrennungsstörungen oder einem Chiptuning gefunden werden. Um solche Schäden zu vermeiden, soll der Motor nach einer hohen Beanspruchung unter moderaten Drehzahlen «kalt» gefahren werden.
Überdrehschaden am Turbolader
Die Bauteile eines Turboladers sind für ein bestimmtes Drehzahlspektrum konstruiert. Sind die Drehzahlen höher – etwa durch einen veränderten Ladedruck – besteht die Gefahr, dass das Verdichterrad am Gehäuse anläuft oder das es auseinanderbricht.
Auch kleine Dellen auf dem Verdichterrad sind Anzeichen für das Überdrehen des Laders. Denn das Material verformt sich plastisch bei der Überdrehzahl durch die hohen Zentrifugalkräfte. Der Aussendurchmesser vergrössert sich, bis das Rad anläuft oder auseinanderbricht.
Neben Chiptuning mit erhöhten Ladedrücken sind unter anderem Verkokungen, welche die VTG-Luftleitbleche in der Stellung für niedrige Drehzahlen blockieren, die Ursache. Auch die pneumatische oder elektrische Regelung kann defekt oder undicht sein. Um solche Schäden zu vermeiden, wird geraten, den Motor nach einer hohen Beanspruchung unter moderaten Drehzahlen kalt zu fahren.
Fazit
Bei einem ausgefallenen Turbolader ist der Turbo selbst in den seltensten Fällen die Ausfallursache. Meist sind es Veränderungen in einem Umfeld, die den Lader beeinflussen und als Resultat ausfallen lassen. Wer seinem Turbolader ein langes Leben schenken will, der sollte auf einen regelmässigen Ölwechsel mit Filter sowie Luftfilter Wert legen. Gerade bei älteren Fahrzeugen mit höherer Laufleistung sollte die Verdichterseite im Rahmen einer grösseren Wartung abgedrückt werden, um sicherzustellen, dass diese noch immer dicht ist. Bei Kurzstrecken-Fahrzeugen sollte mindestens jährlich das Öl gewechselt werden, um Verklumpungen zu vermeiden.
Ist der Lader defekt und muss ausgetauscht werden, ist neben sauberem Arbeiten vor allem der vollständige Austausch der Ölzulaufleitung sowie der Luftschläuche und des Ladeluftkühlers wichtig, sollte das Verdichterrad am Gehäuse geschliffen haben – ansonsten droht nach dem Turbo-Schaden ein kapitaler Motorschaden.
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